Liebe Schul Magazin Leser:innen

Herzlich Willkommen zur neuen Ausgabe! Es freut mich das sie der Stand Punkt lesen.
Sprachen sind mein Fach Gebiet. Ich bin Französisch und Italienisch Lehr Person, an der Kanton’s Schule im Lee. Weil ich mich aber auch sehr gerne auf Deutsch aus drücke, arbeite ich in der Redaktion vom Magazin lee nouvelle’s mit. Dabei ist es mir ein Herzen’s Anliegen, dass jeder Text der wir veröffentlichen Korekt daher kommt: Die Texte sollen möglichst frei von Fall, Koma und Rechtschreib Fehler, Wort Art Verwechslungen, und Ähnlichem sein. Auch (despektierlich so genannte) Deppen Leerschläge (fälschliche Trennung von zusammen gesetzten Wörtern) und Deppen Apostrophe (die Mann Zweck’s kenn Zeichnung des Genitiv’s verwändet) werden beim gegen Lesen Gnaden los und konsequent eliminiert.
Wie ist es Ihnen beim Lesen dieser Zeilen ergangen? Gemäss meiner Erfahrung ist diese zugegebenermassen überspitzte Darstellung nur eine verdichtete Version dessen, was sich im sprachlichen Alltag je länger, je häufiger beobachten lässt. Dabei frage ich mich ab und zu, ob es einfach mein Problem ist, dass ich damit Mühe habe, ja mehr noch, darunter leide, kaum mehr ein Dokument lesen zu können, in dem die einen oder anderen der oben aufgeführten Fehler nicht vorkommen. Und dies nicht nur auf Speisekarten und in Werbungen, sondern durchaus auch in Texten, die aus einer Akademiker:innenfeder stammen können – auch an unserer Lehrstätte.
Ursachenforschung zu betreiben, erscheint mir müssig. Natürlich können wir auch hier bei einigen der genannten Phänomene zum Beispiel den Einfluss der englischen Sprache geltend machen oder fehlende Bindestriche mit der zunehmenden Eigenständigkeit der Individuen in unserer Gesellschaft erklären. Dies ist aber wenig zielführend. Was mich viel mehr mit Sorge erfüllt, ist die Verbreitung und Normalisierung, ja Bagatellisierung dieser nach offizieller Lesart immer noch fehlerhaften Ausdrucksweisen, die sich auch in Diskussionen an der Schule ihren Weg bahnt. Ich bin eindeutig häufiger als früher auf verlorenem Posten, wenn ich meiner Überzeugung Nachdruck verleihe, dass ein sorgfältiger Umgang mit der Sprache nicht nur für die Verständigung, sondern auch für unser Zusammenleben im Allgemeinen wesentlich ist. Die deutsche Sprache beinhalte sowieso zu viele Regeln; man solle doch auch gleich die Gross- und Kleinschreibung abschaffen; die Trennung von zusammengesetzten Wörtern erleichtere das Verständnis; Inhalt sei viel wichtiger als Form; die KI übernehme diese Aufgabe sowieso in zunehmendem Masse. Das ist nur eine Auswahl von aus meiner Sicht abenteuerlichen Argumenten und Ausreden, die letztendlich eine mir unerklärliche Gleichgültigkeit zum Ausdruck bringen.
Auch wenn wir naturgemäss verschieden und nicht auf allen Gebieten gleich begabt sind: Wir können und sollen uns und unseren (Lern-)Fähigkeiten mehr zutrauen. Die Hirnforschung weiss schon länger, dass der Mensch seine geistigen Kapazitäten nicht voll ausschöpft und dass ständiges Lernen und Training auch auf dem Gebiet der Sprache einen bis ins Alter positiven Einfluss auf die Lebensqualität hat. Wenn wir dann auch noch an die desaströsen Auswirkungen der KI auf unsere Umwelt denken – deren Einsatz ist äusserst energieintensiv, was wir gerne verdrängen – haben wir noch mehr Grund, auf Eigenleistung zu setzen.
Diejenigen Schüler:innen, für die das Gymnasium der beste Ausbildungsort ist, beweisen uns tagtäglich, dass sie fähig sind, auch hochkomplexe Materie zu verstehen, sich durch Lernen ein grosses Wissen anzueignen und es in adäquater Form anzuwenden. Ich würde mir wünschen, dass diese hohen Ansprüche weiterhin auch für den sprachlichen Ausdruck gelten. Es geht mir nicht um Fehlerlosigkeit, sondern um eine achtsame, respektvolle und aufmerksame Haltung. Dass sich eine solche Haltung sehr wohl und sogar dann in der Praxis umsetzen lässt, wenn sich der Sinn einer Anpassung nicht allen gleich offenbart, zeigt sich meiner Ansicht nach unter anderem in der gendergerechten Anwendung der Sprache, auf die zunehmend Wert gelegt wird. Die Anrede in diesem Artikel ist nicht aus der Luft gegriffen. Vor nicht allzu langer Zeit habe ich eine E-Mail erhalten, die wie folgt begann: „Liebe Französisch Lehrer:innen“. Mein Wunsch ist, dass wir weiterhin mit aller Kraft auch auf dem Gebiet der Grammatik und Rechtschreibung dem Wert Ausdruck verleihen, den Sprache als Transportmedium von Inhalten und vielem mehr hat – und dass sie auch dem gerecht wird, was wir inhaltlich vermitteln wollen. Wenn ich auf der Website eines renommierten Hauses betreffend Cookies aufgefordert werde, „Alles [zu] Aktzeptieren“ (sic!), wenn eine deutsche Supermarktkette, die uns besonders gesund und hochwertig ernähren will, „Kicher Erbsen“ und „Bio Schoko Mandeln“ anpreist und ich in einem Rezept dazu aufgefordert werde, den „Spinat in der Pfanne auf[zu]kochen und dann „zusammen fallen“ zu lassen, dann vergeht mir das Kichern, bin ich schokiert und ist mir mein Kochtopf zu schade. Ist das nachvollziehbar…? Ich muss es Ihnen überlassen.
Nach dem Verfassen dieses Standpunkts brauche ich ein wenig frische Energie, weshalb ich mir nun von meinem nicht ganz billigen Vollautomaten einen Cappuccino zubereiten lasse. Der farbige Touchscreen meldet nach Ausgabe des Getränks „Bitte schön“. Eine echt moralische Aufforderung aus dem Hause Jura. Ich habe deshalb schon lange auf Italienisch umgestellt, das passt sowieso besser zu Kaffe. Pardon, zu Kaffee.
Peter Stookie / Stuc KI / …